von Buddenbrock - Crashkurs: betriebliche Altersvorsorge für Arbeitgeber
Maureen Stum

Crashkurs: betriebliche Altersvorsorge für Arbeitgeber

Wir wissen schon lange, dass die gesetzliche Rente für die meisten Menschen nicht ausreichen wird. Das deutsche Renten-System wankt durch den demografischen Wandel enorm. Das Schlüsselwort in der heutigen Zeit lautet: eigenverantwortliche Altersvorsorge. Hierbei kommt der Arbeitgeber ins Spiel. Eine effektive Maßnahme, die viel zu häufig außer Acht gelassen wird, ist die betriebliche Altersvorsorge (kurz: bAV).

In diesem Crashkurs erhalten Arbeitgeber alle wichtigen Fakten zur bAV auf einen Blick. Das beinhaltet unter anderem die Rechte von Arbeitgebern und Informationen zur Arbeitgeberförderung. Aber auch die größten Fehler, die es von Anfang an zu vermeiden gilt.

Die wichtigsten Fakten der betrieblichen Altersvorsorge

Die wichtigsten Fakten vorweg:

  • Es gibt viele Gründe, die Betriebsrente in einem Unternehmen ordentlich aufzustellen, eine bAV-Pflicht für Arbeitgeber gibt es jedoch nicht.
  • Besonders im letzten Jahr wurde die Pflicht zur Versorgungsordnung in der Branche diskutiert. Fakt ist: Eine Pflicht zur Versorgungsordnung besteht zum jetzigen Zeitpunkt (Stand Februar 2023) ebenfalls nicht.
  • Seit dem 1. Januar 2002 haben Angestellte ein Recht auf Entgeltumwandlung. Das bedeutet, dass der Arbeitnehmer einen Teil seines Bruttogehalts für die bAV einbehalten lässt.
  • Seit dem 1. Januar 2019 müssen Arbeitgeber jeden bAV-Entgeltumwandlungsvertrag mit bis zu 15 Prozent fördern, sofern sie Sozialversicherungsbeiträge einsparen. Ein Beispiel: Spart ein Arbeitnehmer 100 Euro, muss der Arbeitgeber, sofern er Sozialabgaben spart, 15 Euro dazu steuern. Das ist das Minimum; heute ist es gängig, dass Arbeitgeber über dem Mindestsatz fördern.
  • Seit dem 1. Januar 2022 müssen Arbeitgeber auch Altverträge fördern – zumindest, wenn es sich bei den Altverträgen um Direktversicherungen-, Pensionskassen- oder Pensionsfonds-Verträge handelt.
  • Oft vergessen, aber trotzdem wichtig: die Einstandspflicht in der bAV. Versprechen Arbeitgeber eine bAV oder üben Arbeitnehmer den Verzicht auf Entgelt, um die bAV zu besparen, stehen Arbeitgeber zumindest für die Mindestleistung ein. Diese wurde dem Arbeitnehmer in der Zusage für seine bAV versprochen.

Betriebliche Altersvorsorge: Diese Rechte haben Arbeitgeber

In Deutschland sind die Rechte der Arbeitgeber in der betrieblichen Altersvorsorge begrenzt. Umso wichtiger ist es, dass sie diese ausüben.

Versorgungsordnung: Wie bereits erwähnt, gibt es für Arbeitgeber keine Pflicht zur Versorgungsordnung. Die Installation einer Versorgungsordnung ist aber in der Regel sehr sinnvoll. Was ist das? „Die Versorgungsordnung ist eine arbeitgeberseitige Erklärung, wie die bAV in einem Unternehmen geregelt wird. In aller Regel muss hier der Betriebsrat nicht mit einbezogen werden. Möchten Arbeitgeber den Betriebsrat mit einbeziehen, können sie mittels einer Betriebsvereinbarung das Gleiche wie in einer Versorgungsordnung regeln. Im Rahmen von außerordentlichen Förderungen kann das sogar rechtlich geboten sein“, weiß bAV-Experte und Geschäftsführer der von Buddenbrock Unternehmensgruppe Stephan Seidenfad.

Folgende Punkte können Arbeitgeber in der Versorgungsordnung regeln:

  1. Den Durchführungsweg: Es gibt fünf Durchführungswege, die Arbeitgeber zur Auswahl haben: Direktversicherung, Unterstützungskasse, Pensionskasse, Pensionsfonds, Pensionszusage (auch Direktzusage genannt). „Der häufigste Weg ist zurzeit die Direktversicherung; es gibt aber auch andere spannende Wege für die Gestaltung der bAV.“
  2. Produktgeber und Tarif: „Arbeitgeber können wählen, ob sie ein Produkt mit einem Versicherer anbieten möchten. Auch die Wahl des Versicherers und des Tarifs steht ihnen frei. Es ist auch möglich, eine versicherungsfreie bAV oder ein Investment anzubieten.“
  3. Die Förderung: Sofern ein Arbeitgeber alle Arbeitnehmer gleichermaßen fördert, kann er die Art der Förderung bestimmen. „Möchte der Arbeitgeber eine gewisse Gruppe gesondert fördern, muss sich diese Förderung im Einklang mit dem Arbeitsrecht bewegen.“
  4. Die Wahl des Beraters: Arbeitgeber können den Berater bestimmen.
  5. Zusatzleistungen: Zudem haben Arbeitgeber die Möglichkeit, Zusatzbausteine wie eine Invaliditätsversicherung, eine Krankenversicherung, eine Unfallversicherung etc. an den bAV-Tarif zu koppeln.

Eine kurze Zusammenfassung:

  • Der Arbeitgeber kann und sollte den Durchführungsweg der bAV festlegen.
  • Der Arbeitgeber entscheidet sich für einen Produktanbieter und den Tarif.
  • Der Arbeitgeber entscheidet in den meisten Fällen über die Förderung.
  • Der Arbeitgeber wählt den Berater aus.
  • Der Arbeitgeber bestimmt die Zusatzleistungen.

Diese Punkte regelt er optimal in einer Versorgungsordnung.

Arbeitgeberförderung in der betrieblichen Altersvorsorge

Gehen wir genauer auf die Arbeitgeberförderung ein. Arbeitgeberförderung schließt die Fragen mit ein: Möchte ich fördern? Was möchte ich fördern? Warum möchte ich fördern? Es geht zudem um die Überlegung, wie diese Förderung aufgebaut sein soll. „Arbeitgeber, die nur nach Mindeststandard fördern möchten, bilden heute die seltenen Fälle. Dies führt lediglich zu einer Benefit-Konkurrenz-Situation im Kampf um Bewerber“, so der Experte, der auf die Vorteile der Förderung aufmerksam macht: „Betriebliche Vorsorge oder die betriebliche Krankenversicherung (bKV) sind Benefit-Modelle, die einen hohen Durchschlag haben, wenn die Kommunikation stimmt.“

Was bedeutet das für den Arbeitgeber? „Neben den allgemeinen Fragen steht die Intention des Arbeitgebers im Vordergrund. Empfinde ich soziale Verantwortung? Bin ich mir der Probleme des sozialen Sicherungssystems bewusst und möchte hier Verantwortung übernehmen? Möchte ich meine Arbeitnehmer wertschätzen? Möchte ich neue Arbeitnehmer finden und ihnen etwas Positives anbieten? Möchte ich Leistungsträger binden? Möchte ich fördern, indem ich Anreize setze? Möchte ich nur bei speziellen Gruppen etwas dazu steuern? Fördere ich nur prozentual oder kombiniere ich beides miteinander?“

Die Entscheidung, nach welcher Logik gefördert wird, spielt eine wichtige Rolle. „Die Gestaltung der Förderung hat unterschiedliche Effekte und einen verschiedenen Impact auf die Arbeitnehmer und die Wahl des Durchführungsweges. Stellt sich die Frage: Wie ist die Förderung für den Arbeitgeber bezahlbar?“

Der Generationenvertrag

Um von der Zahlbarkeit der Förderung zu sprechen, lohnt sich ein Blick in den Generationenvertrag. Hierbei handelt es sich nicht um einen Vertrag, wie wir diesen kennen. Vielmehr beschreibt der Generationenvertrag eine übereinstimmende Auffassung von zwei Generationen in Hinsicht auf die Versorgung im Alter. Das bedeutet, dass die jüngere Generation ihre Beiträge in die Rentenversicherung einzahlt, während die Älteren dadurch ihre Rente erhalten. Aufgrund des demografischen Wandels steht dieses solidarische Prinzip heute immens unter Druck.

„Früher gab es viele Familien mit vielen Kindern, kurze Ausbildungszeiten, lange Arbeitszeiten und einen kurzen Rentenbezug. Alles hat funktioniert. Der Generationenvertrag ist heute zwar der Gleiche, die Umstände haben sich aber verändert“, so Seidenfad.

Heute gefährden einige Faktoren die Stabilität des Generationenvertrags:

  • verlängerte Ausbildungszeiten
  • steigende Lebenserwartung, dadurch längerer Rentenbezug
  • mehr kinderlose Paare, viele Singles ohne Kinder, sinkende Geburtenrate
  • Mehr Menschen sind auf die Rente angewiesen, während weniger in die Rentenkasse einzahlen

„Im Fazit wird sich etwas ändern: Entweder steigen die Rentenbeiträge oder es sinken die Renten oder Arbeitnehmer müssen länger arbeiten. Wenn Arbeitgeber etwas Besonderes sein möchten, ihre Arbeitnehmer für sie einen echten Wert haben, dann sind sie in der Pflicht, etwas zu tun.“

Bezahlbarkeit der bAV-Förderung

Zurück zur Bezahlbarkeit der Förderung durch den Arbeitgeber. „Die Festlegung der Mindestleistung ist der erste Schritt, den Arbeitgeber angehen sollten. Wenn sie einen Benefit schaffen und Mitarbeiterbindung erzielen möchten, sollten sie über folgendes Modell nachdenken: Bei der individuellen Gehaltsverhandlung oder auch pauschalen Erhöhungen für ganze Arbeitnehmergruppen legt der Arbeitgeber in Absprache mit seinem Arbeitnehmer fest, einen Teil der Lohnerhöhung ganz bewusst in die Betriebsrente zu investieren. Dieser Teil der Gehaltserhöhung ist in der Regel sozialversicherungsfrei. Zudem hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, mit einem weiteren Teil der Gehaltserhöhung beispielsweise einen Invaliditätsschutz oder Bausteine für die Krankenversicherung zu kaufen.“

Die Förderung der bAV ist mit einer geringen Investition verbunden und schafft einen großen Benefit für den Arbeitnehmer. Die Gründe für die Förderung der bAV sind zusammengefasst:

Grund 1: Arbeitgeber möchten Leistungsträger an ihr Unternehmen binden oder neue finden.

Grund 2: Arbeitgeber möchten politische Einflussnahme verhindern.

Grund 3: Arbeitgeber sehen die drohende Altersarmut ihrer Arbeitnehmer und ihre Chance, ihnen zu helfen.

Gibt es eine Einsteiger-bAV?

Wie bereits erwähnt: Entscheiden sich Arbeitgeber dafür, ihren Arbeitnehmern eine bAV anzubieten, sind sie in der Wahl des Durchführungsweges flexibel. Die Direktversicherung ist mittlerweile der häufigste Durchführungsweg der bAV. „Es gibt eine bAV, auf die man in fast jeder Firm trifft, die in fast jeder Firma funktioniert und die ein softes Lösungsmodell darstellt. Das ist die Direktversicherung.“

Hierbei einigt sich der Arbeitnehmer mit seinem Arbeitgeber auf einen Betrag, den er von seinem Bruttoeinkommen einbehalten lässt. Dies geschieht in der Regel steuer- und sozialabgabenfrei. Anschließend investiert der Arbeitgeber diesen Betrag in eine Direktversicherung. Mit Renteneintritt erhält der Arbeitnehmer seine Renten- und/ oder seine Kapitalleistung durch den Versicherer. Der Vorteil: In keinem Durchführungsweg sind die Handhabe, Flexibilität und der rechtliche Rahmen so umfassend geklärt.

Die Direktversicherung ist eine gute Wahl, wenn:

  • Arbeitgeber nicht nur Topverdiener beschäftigen, sondern Arbeitnehmer mit maximalen Umwandlungsbeträgen von vier Prozent der BBG Renten West für die soziale und steuerfreue Anlage in der bAV oder
  • acht Prozent kombiniert, wovon vier Prozent steuerfrei sind. (Dies entspricht einen Monatsbeitrag von 500 Euro, der steuer- und Teils steuer- und sozialabgabenfrei angespart werden kann).

„Die Direktversicherung verspricht gesetzliche Klarheit und Flexibilität. Sie ist digital und einfach im Handling und beinhaltet viele Optionen und viele Anbieter“, weiß der Experte. 

Betriebliche Altersvorsorge: Diese Fehler sollten Arbeitgeber vermeiden

Natürlich gibt es bei einem so komplexen Thema wie der bAV auch Patzer. Diese gehen grundsätzlich zulasten des Unternehmens. Aus diesem Grund werfen wir im letzten Teil des Artikels einen Blick in die größten Patzer, an denen sich Arbeitgeber nicht versuchen sollten.

Fehler 1: Der Arbeitgeber sieht die bAV als reines Versicherungsthema.

„Die bAV ist kein Versicherungsthema. Die Versicherung ist ein Produktgeber, der dabei hilft, dass das Geld der Betriebsrente an einem bestimmten Ort angelegt wird. Die Betriebsrente ist vielmehr ein Beratungs- und Gestaltungsthema und, ganz wichtig, ein Thema der Unternehmenskommunikation.“

Fehler 2: Die bAV als Verwaltungsmonster

„Für viele, die in den Jahren 2003 bis 2005 mit der bAV angefangen haben, ist die Zusatzrente bis heute ein Verwaltungsmonster, das die Personalabteilung, die Lohnbuchhaltung und die Arbeitnehmer gleichzeitig in den Wahnsinn treibt. Heute sind die Verwaltung der Betriebsrente, die Abwicklung und die Schnittstellen zum Versicherer oder anderen Produktanbietern so weit optimiert, dass Versorgungssysteme mit minimalem Aufwand digitalisiert werden können. Digitalisierung bedeutet 75-prozentige Arbeitsreduktion.“

Fehler 3: Fehlendes bAV-Knowhow

„Folgendes Muster ist in vielen Firmen zu erkennen: Es gibt keinen Spezialisten der Altersvorsorge, Mitarbeiter sind nur mittelmäßig informiert, die Personalabteilung und die Geschäftsleitung haben wenig Interesse an dem Thema. Hier ist Expertise gefragt. Ein geeigneter Partner kann dieses Thema im Outsourcing für Firmen übernehmen. So sind Service, Betreuung, Sicherstellung von Rechtssicherheit und Kommunikation aufeinander abgestimmt.“

Fehler 4: Die bAV wird als reines Versicherungsthema betrachtet

„Viele unterschätzen, dass die bAV sich auch in den Gebieten Recht und Steuern bewegt. Viele Arbeits- oder Steuerrechtler kennen sich nicht umfassend aus auf dem Gebiet der Betriebsrente – oder verfügen über Knowhow in den Bereichen Produktentwicklung, Produktgestaltung oder Unternehmenskommunikation. Die Kombination aus einer Versorgungsordnung und einem Berater mit einer guten Vernetzung im Bereich Recht und Steuern zahlt sich aus.“

Fehler 5: Service? Fehlanzeige!

„Die bAV ist ein langlebiges Produkt. Das beinhaltet nicht nur die Digitalisierung oder den Transfer von Knowhow, sondern auch einen nachhaltigen Service. Unter anderem folgende Themen können in Hinsicht auf die bAV aufkommen: neue Angestellte, lange Krankheitsfälle, Elternzeit, Ausscheiden von Angestellten oder Beitragsveränderungen. Nur im ständigen Austausch mit einem Berater kann eine erfolgreiche Umsetzung der bAV garantiert werden.“

Fazit & Master-Tipp: So gelingt die bAV

  • Sind sich Arbeitgeber der Problematik des Generationenvertrags bewusst?
  • Kennen sie ihre Pflichten, Nicht-Pflichten und Freiheiten in der bAV?
  • Haben sie sich mit der Förderung und der Bezahlbarkeit auseinandergesetzt und
  • potenzielle Fehlerquellen direkt von Anfang an vermieden?

Dann sind sie auf dem richtigen Weg, die betriebliche Altersvorsorge in ihrem Unternehmen effizient aufzusetzen. Allerdings ist die beste bAV nicht gut genug, wenn der Weg ins Unternehmen, die Kommunikation zu den Arbeitnehmern, nicht gegeben ist.

„Möchten Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer mit in die Eigenverantwortung nehmen in Hinblick auf ihre Rentenversorgung oder die Krankenversicherungsversorgung, dann ist ein Baustein zentral: Kommunikation. Wenn Arbeitgeber Gutes tun, sollten sie dies auch kommunizieren. Ein Profi kann dabei unterstützen, diese Thematik so ins Unternehmen zu tragen, dass sie überall ankommt – vom Pförtner bis in die Vorstands- oder Geschäftsführerebene. Nur wenn die Belegschaft informiert ist und Vorurteile beziehungsweise Missverständnisse aus dem Weg geräumt sind, kann das Konzept bAV funktionieren.“

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Stephan Seidenfad

Geschäftsführer und Gründer Experte für die Themengebiete: bAV, Recht & Steuern, kAV, Digitale Lösungen und Absicherung

Stephan Seidenfad | von Buddenbrock

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