von Buddenbrock - Beratung
Stephan Seidenfad

Gibt es eine Pflicht zur Versorgungsordnung?

Durch die Komplexität der betrieblichen Altersversorgung (kurz: bAV) wurde in der Vergangenheit die Thematik der Versorgungsordnung heiß diskutiert. Immer häufiger weisen Finanzberater, Steuerberater oder Rechtsanwälte ihre Kunden darauf hin, dass sie eine Versorgungsordnung in ihrem Unternehmen benötigen. Viele Arbeitgeber sind hingegen der Meinung, eine Versorgungsordnung wäre nur sinnvoll, wenn sie ihren Arbeitnehmern eine arbeitgeberfinanzierte bAV zusagen. Unterschiedliche Meinungen in der Branche führten zu einer wachsenden Unsicherheit hinsichtlich des Regelwerks. Im Folgenden möchten wir uns der Frage nähern, ob es eine Pflicht zur Versorgungsordnung gibt.

Was ist eine Versorgungsordnung?

„Eine Versorgungsordnung ist ein Regelwerk, mit dem Unternehmen ihre Betriebsrente regeln“, weiß Stephan Seidenfad, bAV-Experte der von Buddenbrock Concepts GmbH. Dabei ist zwischen zwei verschiedenen Ausführungen zu unterscheiden. Zum einen zwischen der Versorgungsordnung, die die vom Arbeitgeber finanzierte betriebliche Altersversorgung regelt und zum anderen die Versorgungsordnung, die die durch Entgeltumwandlung finanzierte betriebliche Altersversorgung organisiert. Für Arbeitgeber ist es auch möglich, die arbeitgeberfinanzierte und die arbeitnehmerfinanzierte bAV in einer einheitlichen Versorgungsordnung zu regeln.  

Die Versorgungsordnung als transparente Kommunikationsgrundlage

Mit dem Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung hat der Gesetzgeber jedem Unternehmen das Recht zur Gestaltung der betrieblichen Rahmenbedingungen für die eigene Altersversorgung eingeräumt. Die Versorgungsordnung, wie sie heute besteht, ist ein Ergebnis dieser proaktiven Gestaltung durch den Arbeitgeber und schafft eine transparente Kommunikationsgrundlage für die Arbeitnehmer.

„Nicht jedes Unternehmen braucht eine Versorgungsordnung. Kleine Unternehmen mit wenigen Arbeitnehmern können grundsätzlich auf eine Versorgungsordnung verzichten. Hier besteht für den Arbeitgeber die Möglichkeit, mit jedem Arbeitnehmer individuelle Regelungen zu treffen. Für Unternehmen mit mehr als zehn Arbeitnehmern oder Unternehmen, die die Absicht haben, zu expandieren, ist es sinnvoll, ein Regelwerk für die bAV festzulegen“, so Seidenfad.  

Im Ergebnis erklärt die Versorgungsordnung die Ziele und Motive des Unternehmens im Bereich der betrieblichen Versorgung und Benefits. Sie spiegelt diese an die Arbeitnehmer. Durch dieses individuelle Regelwerk können Unternehmen ihre Haftungsrisiken im Bereich der Betriebsrente minimieren. Zudem können sie damit klare Regeln festlegen – sprich ihre Arbeitgeberrechte ausüben.

So lässt sich beispielsweise die Anzahl von Durchführungswegen und Produktanbietern sehr effektiv begrenzen. „Der Vorteil an einer Versorgungsordnung ist, dass wir uns hier im Arbeitgeberrecht befinden. Das bedeutet, der Arbeitgeber legt fest, wie er die Betriebsrente in seinem Unternehmen gestaltet – welcher Versicherer, welcher Durchführungsweg und welches Produkt“, fügt der bAV-Experte hinzu.  

Es gibt keine Pflicht zur Versorgungsordnung

Um die eingehende Frage zu klären, empfiehlt Seidenfad ein Blick ins Gesetz: „Es gibt eine Novellierung des Nachweisgesetzes, die auf der EU-Richtlinie 2019/1152 beruht. Diese besagt, dass Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer hinsichtlich Gehalts-Bestandteilen und Vergütungen umfassend informieren müssen. Das Gesetz ist nicht neu, allerdings kommt seit dem 01. August dieses Jahres eine Änderung hinzu: Arbeitgeber müssen Arbeitnehmer in Schriftform über bestimmte Arbeitsbedingungen unterrichten. Bei einem Verstoß sind Bußgelder vorgesehen.“ Trotz dieser Änderung gibt es weiterhin keine Gesetzgebung für die Versorgungsordnung. „Um es ganz klar zu sagen: So marketing- und vertriebstauglich der Ansatz auch klingt – es gibt keine Pflicht zur Versorgungsordnung. Ganz einfach“, so der Experte. 

Diese Aussage unterlegte jüngst eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales: „Das Nachweisgesetz verpflichtet den Arbeitgeber, seine Beschäftigten schriftlich über die vereinbarten wesentlichen Vertragsbedingungen zu informieren, dazu zählt auch die ´Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts´. Der Arbeitgeber muss demnach über das Arbeitsentgelt informieren, nicht aber darüber, wofür das Arbeitsentgelt von den Beschäftigten im nächsten Schritt verwendet wird. Das Nachweisgesetz ist daher nach Auffassung des BMAS auf Betriebsrenten in der speziellen Form der Entgeltumwandlung nicht anwendbar.“ (Quelle: Stellungnahme des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zur Thematik: Betriebsrente durch Entgeltumwandlung und Nachweisgesetz) 

Die Relevanz des Zusammenspiels zwischen Finanzen, Recht und Steuern

Die Diskussion um die Thematik der Versorgungsordnung hat nochmal deutlich veranschaulicht, dass die hohe Komplexität und die Haftungsrisiken der betrieblichen Altersversorgung eine professionelle Beratung nahezu unverzichtbar machen. Viele setzen diese mit der privaten Versicherungsberatung gleich. Auch wenn das auf dem Markt so gehandhabt wird, wird diese Vorgehensweise der umfassenden Thematik nicht gerecht.

„In der Betriebsrenten-Beratung ist der Arbeitnehmer der Kunde. Hier lohnt sich im Zweifel ein Blick in den Antrag, in dem als Versicherungsnehmer die Firma und als versicherte Person der Arbeitnehmer gekennzeichnet ist. Da der Versicherungsnehmer der Vertragsinhaber ist, kann ich die bAV-Beratung nicht gleichsetzen mit einer privaten Versicherungsberatung“, erklärt Seidenfad und weiter: „Der spannende Teil der Betriebsrente ist, dass wir uns in einem komplexen Beratungsfeld bewegen. Auf der einen Seite gibt es die Arbeitgeberinteressen, auf der anderen die Arbeitnehmerinteressen. Da wir es weder mit einem klassischen Finanzprodukt noch mit einer Insellösung zu tun haben, besteht immer eine direkte Wechselwirkung zu anderen Themengebieten aus den Bereichen Finanzen, Recht und Steuern. Diese Art von Beratung nennen wir Kontextberatung.“ 

Mit der Entgeltumwandlung behält der Arbeitgeber einen vorab vereinbarten Teil des Bruttogehalts seines Arbeitnehmers ein, um diesen in eine betriebliche Altersversorgung einzuzahlen. Das bedeutet, sie verzichten freiwillig, zumindest zeitweise, auf einen Teil ihres Lohns, um diesen in eine betriebliche Altersversorgung zu investieren. Als rechtlicher Rahmen dient dazu eine Entgeltumwandlungsvereinbarung.

„Durch die Entgeltumwandlung befinden wir uns im Arbeitsrecht – und nicht nur das. Da Arbeitnehmer und Arbeitgeber Steuern und Sozialabgaben sparen, bewegen wir uns zudem teilweise im Sozial- und im Steuerrecht. Die Spielregeln sind einfach, sonst dürften Makler und Versicherungsberater keine bAV-Beratung anbieten. Bei komplexeren Fragestellungen zu alten Versorgungswerken, arbeitgeberfinanzierten Versorgungs- und Benefit-Modellen oder Tarifvertragsrecht bewegen wir uns allerdings schnell mitten in der Rechtsberatung. Je nach Firmengröße habe ich es eventuell noch mit einem Betriebsrat zu tun, der gegebenenfalls ein Mitspracherecht hat. Ist mein Kunde ein Gesellschafter-Geschäftsführer, kommt das Gesellschaftsrecht hinzu. Die Komplexität der Thematik erfordert ein Zusammenspiel. Wenn jeder nur in seinem Bereich fungiert, bin ich auf dem direkten Weg ins Haftungsnirvana.“ 

Der richtige bAV-Berater als Erfolgsgarant

Nicht unbegründet stellt sich bei einigen Unternehmen die Frage, ob sie nicht direkt einen Steuerberater oder Anwalt zurate ziehen können. „Wenn Unternehmen im Bereich Recht tangieren, ist der Weg zu einem Steuerberater oder Rechtsanwalt naheliegend. Allerdings kennen sich nur wenige Anwälte in der Tiefe mit dem Thema Betriebsrente aus. Es mangelt vor allem oft an detaillierten Produktkenntnissen oder dem Durchschlag, mit Versicherungsgesellschaften Sonderlösungen zu gestalten. Unsere Erfahrung zeigt, dass jeder sein Kompetenzfeld hat. Professionelle Berater analysieren Betriebsrenten, erkennen Schwachpunkte und erarbeiten Lösungsvorschläge. Vor allem können sie sich im Gegensatz zu Rechtsanwälten auch in die Lage eines Arbeitnehmers versetzen: Welche Benefits motivieren Arbeitnehmer und was bindet sie an ein Unternehmen?

Auch die Expertise von Steuerberatern auf dem Gebiet der Betriebsrente ist oftmals begrenzt. Zusammenfassend entsteht durch den Wegfall jeder einzelnen Disziplin eine Lücke. Der Steuerberater darf keine Rechtsberatung anbieten, er kennt sich auch hinsichtlich verschiedener Finanzprodukte nur geringfügig aus. Finanzberater wiederum dürfen ihre Kunden nicht zu Steuern oder Rechtsgrundlagen beraten, sondern nur allgemeine Hinweise geben, wo Schwachpunkte liegen. Der Arbeitsrechtler mit Kompetenz im Bereich Betriebsrente wiederum kann und darf beispielsweise eine Versorgungsordnung erstellen oder rechtliche Beratung durchführen. Nur das Zusammenspiel aller Disziplinen ist zielführend.“ 

Der Hauptgrund, weswegen Unternehmen in der bAV Probleme haben, und Haftungsrisiken ausgesetzt sind, ist die falsche Wahl eines Beraters. „bAV-Berater dürfen nicht für Rechts-, Steuer- oder Bilanzberatung haften. Im besten Fall arbeiten alle Bereiche Hand in Hand. Die Wahl eines geeigneten Beraters ist erfolgsentscheidend. Es empfiehlt sich, lieber mehr Zeit in die Suche eines Beraters zu investieren. Dieser sollte darin geübt sein, praxisnah zu arbeiten. Also schauen, wo ein Unternehmen hin möchte und wie das Target aussieht.

Einen guten Berater erkennt man daran, dass sie darauf hinweisen, sobald sich die Beratung im Bereich Recht und Steuern bewegt, ein spannendes Netzwerk vorweist und Dienstleistungen zu planbaren Kursen anbietet. Er sollte über Expertise für einfache Versorgungswerke, aber auch für hochkomplexe, internationale Fragen oder Nachfolgethematiken verfügen. In Deutschland ist nur eine Handvoll Berater in der Lage, die Thematik rund um die bAV so aufzubereiten, dass sie problemlos im Unternehmen funktioniert.“ 

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Stephan Seidenfad

Geschäftsführer und Gründer Experte für die Themengebiete: bAV, Recht & Steuern, kAV, Digitale Lösungen und Absicherung

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