Die richtige Geldanlage, die persönliche Altersvorsorge oder die geeignete Berufsunfähigkeitsversicherung: Finanzdienstleistungen bestehen unter anderem aus komplexen Produkten. Ihre Sinnhaftigkeit und Wirkungsweise ist für Normalverbraucher nur eingeschränkt zugänglich. Aus diesem Grund steigt der Bedarf an Finanzberatungen.
Nehmen Kunden diese in Anspruch, können sie zwischen verschiedenen Beratungsformen wählen. Bei der Provisionsberatung erhält der Finanzberater sein Honorar aus den Produkten selbst. Anders ist es bei der Honorarberatung. Hier wird die Dienstleistung durch die Zahlung eines Honorars abgegolten.
Wie die Definition der Honorarberatung lautet, worin die Unterschiede zur Honorarvermittlung liegen und für wen die Honorarberatung geeignet ist, erfahren Sie im Folgenden.
Honorarberatung: eine Begriffserklärung
„Mit Honorarberatung wird eine Beratung in Finanz- und Vermögensfragen bezeichnet, bei welcher der Berater keine Provisionen oder sonstige Vergütungen der Produktanbieter erhält, sondern stattdessen ein Honorar vom Beratungsempfänger.“ So lautet eine Begriffserklärung der Enzyklopädie Wikipedia. Die Begriffserklärung ist aber nicht so trivial, wie es im ersten Augenblick klingt. Auf der Thematik ist viel Druck, der auf folgender Frage beruht: „Wer darf Honorar beraten?“
Hier beginnt die Problematik. Die Bezeichnung des Honorarberaters ist nach aktueller Gesetzeslage nicht geschützt. Jeder Versicherungsmakler oder Finanzanlagenvermittler darf auf Honorarbasis tätig werden. Die Erlaubnis nach Paragraf 34h oder 34d Absatz 2 Gewerbeordnung (GewO) ist dafür nicht erforderlich.
- Rechtsanwälte beispielsweise dürfen eine Honorarberatung anbieten. Sie dürfen Kunden auch bei Finanzfragen beraten, weil sie durch das Rechtsberatungsgesetz dazu ermächtigt sind.
- In der klassischen Finanzberatung gibt es zugelassene Rentenberater, die zum Beispiel im Thema Altersvorsorge beraten dürfen. 34e-Versicherungsberater haben das Recht, Honorarberatung bei Versicherungen anzubieten. Ein 34h-Berater kann bei Investment- und Anlagethemen beraten.
Blicken wir in die Welt der Versicherungsvermittler, der Makler und sonstigen Berater oder Vermittler. „Auch diese Berufsgruppe ist dazu befähigt, Honorar- oder Provisionsvermittlung anzubieten, zum Beispiel über einen Geschäftsversorgungsvertrag. Diese Abgrenzung ist komplex, haftungsintensiv und mit Problemen behaftet“, erklärt Stephan Seidenfad, Finanzexperte und Geschäftsführer der von Buddenbrock Unternehmensgruppe.
Der Unterschied zwischen Honorarberatung und Honorarvermittlung
Nicht nur die Abgrenzung der Berufsgruppen, die Honorarberatung anbieten dürfen, gestaltet sich schwierig. Auch die Grenze zwischen der Honorarberatung und der Honorarvermittlung ist schwammig. Kam ein Kunde mit dem Wunsch, seine Versicherung prüfen zu lassen, zu einem 34e-Berater, folgten bis vor einigen Jahren folgende Beratungsschritte:
- Der Berater teilte dem Kunden mit, was an seiner Versicherung gut oder schlecht ist.
- Beide Parteien einigten sich auf eine Vergütungsart.
- Im Anschluss erhielt der Kunde eine Rechnung.
„Dieser Berater durfte dem Kunden kein Produkt vermitteln. Dafür hätte er den Kunden zu einem Berater schicken müssen, der dazu befähigt ist, Produkte zu verkaufen“, so der Experte, der darauf hinweist, dass sich die Gesetzeslage geändert hat: „Heute dürfen 34e-Berater Nettotarife vermitteln. Also Abkommen, die keine Provision enthalten oder für die der Berater keine Provision bekommt.“
Bei der Honorarvermittlung wird es bizarr. „Berät beispielsweise ein Versicherungsmakler einen Kunden, enthält der Vertrag eine Provision. Das bedeutet, der Makler bekommt für seine Dienstleistung Geld – vorausgesetzt, der Kunde schließt einen Vertrag ab. Der Berater hat zunächst ein Vermittlungs- und Verkaufsinteresse. Immer mehr Kunden bevorzugen eine provisionsfreie Vermittlung, weil sie den Berater unter diesen Umständen für unabhängiger und neutraler halten. Berater können auf diesen Wunsch eingehen, wenn sie ihre Dienstleistung nicht Honorarberatung nennen, sondern Honorarvermittlung.“
In der Honorarvermittlung erklärt der Berater dem Kunden ein Produkt, mit der Absicht, dieses zu vermitteln oder zu verkaufen. Es geht dabei nicht vordergründig um den Verkauf oder die Vermittlung. Entscheidend ist, ob der Berater seinem Kunden gegenüber verdeutlicht hat, dass er vermittelnd tätig werden möchte, also eine sogenannte Vermittlungsabsicht hat. Der Kunde kann sich, wie bei einem Provisionsvermittler, am Ende gegen diese Dienstleistung entscheiden.
„Jetzt folgt der einzige Unterschied zur Honorarberatung: Weil sich beide Parteien vorab auf eine Vermittlung geeinigt haben, darf der Berater trotzdem eine Rechnung ausstellen. Parallel wird er dann seriöser weise einen Nettotarif anbieten oder aber die Provision offenlegen und eine Regelung hinsichtlich der Provision festlegen. Letzteres ist vor allem bei Risikoprodukten relevant, die oftmals als Nettoprodukt nicht verfügbar oder nicht tauglich sind.
Die notwendige Abgrenzung ist hochkomplex und für viele Versicherungs- und Finanzberater ebenso unverständlich wie für den Kunden. Gerade deshalb muss der geneigte Finanzberater darauf achten, weil man sich sonst schnell in der Honorarberatung befindet – in einem zulassungsfähigen Geschäft, in dem sie andernfalls unerlaubte Rechtsberatung anbieten oder eine Ordnungswidrigkeit begehen, weil sie keine Anwälte, Versicherungsberater oder keine zertifizierten Rentenberater sind.“
Die politische Debatte zur Honorarberatung
Auch in der Endphase der Koalitionsgespräche waren die Beratungsformen Thema. Die Forderung: Die Finanzbranche soll nur noch Honorarberatungen anbieten. Doch die Überlegungen der Verantwortlichen sorgten in der Branche für mächtig Gegenwind. „Es wurde viel diskutiert, ob es ein stufenloses Provisionsverbot oder einen Ausstieg aus dem Provisionsgeschäft hin zu einem reinen Honorargeschäft gibt. Für mich ist es keine Frage des Bezahlmodells, sondern eher eine nach den ethischen Werten des Beraters. Mir sind aus beiden Bereichen sehr seriöse und weniger feine Menschen bekannt“, sagt Seidenfad.
In Großbritannien gibt es bereits seit 2013 keine Provisionen für Vorsorgeprodukte mehr. Eine Beratung erfolgt auf Honorarbasis. Die Finanzreform hat weitreichende Folgen auf die Bevölkerung: Menschen ohne Vermögen können eine Beratung nicht mehr in Anspruch nehmen. Die Gewinner des Beschlusses sind dagegen wohlhabende Kunden.
„In England ist die Honorarberatung ein Mainstream-Thema. Provisionen gibt es nur noch in Rand- und Risikoprodukten. Erfolgreiche Berater verdienen ihrer Honorare in der Beratung von wohlhabenden Kunden oder Firmen. Was ist der Effekt? Normal-situierte Bürger können ihre Geschäfte nur noch online tätigen. Warum? Weil die Kunden sich eine Honorarberatung schlicht nicht leisten können oder die Anlagesummen für den Honorarberater unattraktiv sind. Das ist ein unglückliches Geschäft für beide Seiten.
Die Debatte erhält eine zusätzliche Tragweite, wenn man den Sparkassenverbänden glaubt. Laut Peter Schneider, Präsident des Sparkassenverbands Baden-Württemberg, können derzeit über 40 Prozent der Menschen aufgrund von Inflation, Energiekrise, etc. nicht mehr sparen (Stand Herbst 2022). „Wenn professionelle Berater keine normalen Kunden mehr beraten können, frage ich mich, wer die Aufklärung übernehmen soll? Die politische Debatte ist eine typische deutsche Neid-Debatte und keine, die auf einem klugen Ansatz beruht“, so Seidenfad.
Eine zwangsläufige Entwarnung gab es allerdings. Ende November stellte die Ampel-Koalition ihr Koalitionspapier vor. In diesem spielten weder eine verpflichtende Honorarberatung noch eine Bafin-Aufsicht für 34f- und 34h-Vermittler eine Rolle.
Von der Politik in die reale Welt: Wo liegen die Probleme der Beratungsformen?
„Das größte Problem unserer Branche ist die fehlende Transparenz. Wenn Berater dem Kunden von vorneherein Chancen, Kosten und Risiken aufzeigen, ist die Debatte um Honorare und Provisionen sofort erschlagen. Für den Kunden sind am Anfang einer Beratung andere Fragen wichtig: Wie viel kann und möchte ich in meine privaten Finanzen, meine Vorsorge und Absicherung investieren? Wie wichtig ist mir die Strukturierung der Beratung? Wie viel kostet die Beratung? Wie finde ich einen guten Finanzberater?“
Ein Blick in die persönliche Situation kann einige Anhaltspunkte für die richtige Beratungsform liefern. Besonders für junge Menschen mit niedrigem Einkommen oder Berufseinsteiger ist die Provisionsberatung sinnvoll. „Für junge Menschen rentiert es sich, die Provision in Raten innerhalb des Versicherungsbetrages zu begleichen, anstatt einen Berater mit einem hohen Honorar zu vergüten. In der Regel müssen nach einigen Jahren selbst diejenigen einen Berater zurate ziehen, die sich zunächst selbstständig über das Internet an die Thematik gewagt haben. In der realen Welt empfiehlt es sich, weg vom Dogma und hin zur Lösung zu denken.“
Für wen ist die Honorarberatung geeignet?
Die Honorarberatung gilt heute oftmals als bevorzugte Beratungsform. Vor allem für folgende Kunden ist das Modell prüfenswert:
- Firmen: Für Arbeitgeber, die ihren Angestellten zum Beispiel eine rein arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersvorsorge anbieten möchten. Das bedeutet, sie zahlen den Mitarbeitern einen bestimmten Betrag, den sie bei Renteneintritt erhalten. „Hier lohnt es sich geeignete Kollektivgruppenverträge gegen Nettoverträge zu stellen. Die Finanzierungsform über Provisionen kann dabei je nach Herausforderung der Firma ebenso spannend sein wie eine Honorarlösung. Hier empfiehlt sich eine Prüfung.”
- Vermögende Privatkunden: „Hier ein Beispiel: Ein Kunde möchte beispielsweise eine BU abschließen. Er weiß allerdings nicht, ob er gesund genug ist, diese Versicherung zu erhalten. Hier macht eine Provisionsberatung Sinn. Über dieses Beratungsmodell kann er das Risiko auf den Berater auslagern. Tätigen Privatkunden eine hohe Geldanlage, sollten sie bei der Provision versuchen, Rabatte auszuhandeln. Soll gegen Honorar beraten werden, ist folgende Überlegung anzuraten: Ist mir die Dienstleistung so viel wert, dass ich sie trotz erhöhter Kosten in Anspruch nehmen möchte? Anschließend kommt es darauf an, dass sich die Parteien einigen.“
- Misstrauische Kunden: Die letzte Gruppe bilden diejenigen, die einem Berater nicht ausreichend vertrauen und denken, dass dieser auf der Erfolgsbasis nicht dieselbe Objektivität hat wie auf Honorarbasis. „Viele Kunden sind so misstrauisch, dass sie sich lieber im Internet Wissen aneignen. Davon würde ich gerade bei komplexen Finanzentscheidungen abraten. Auch hierbei geht es um Transparenz und das persönliche Gespräch.“
Fazit
Zusammenfassend ist die Honorarberatung vor allem für ausgewählte Firmensituationen, vermögende Kunden sowie misstrauische Kunden eine geeignete Alternative zur Provisionsberatung. Mit der Provisionsberatung fahren normale Bürger gut. Zum Vorteil dieser Gruppe hat die Ampel-Koalition (zunächst) von einer verpflichtenden Honorarberatung in ihrem Koalitionspapier abgesehen. „Vom Sparen oder der Inanspruchnahme eines Kredites, um sich die Honorarberatung leisten zu können, würde ich absehen. Hier würde ich eher den Berater infrage stellen und die Themen Vertrauen und Transparenz in den Fokus rücken.“
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